Covid 19 war nicht vorhersehbar und veränderte in nie gekannter Schnelligkeit unser bisheriges Leben. Es stürzte die Weltwirtschaft in eine ihrer tiefsten Krisen. Die Unternehmen traf der Lockdown völlig unvorbereitet, doch viele Probleme sind hausgemacht. Die Krise war lediglich der Tropfen, der das Fass in vielen Branchen und Unternehmen zum Überlaufen brachte. Schon 2019 befanden sich manche Branchen in Schwierigkeiten, seien es die Automobilindustrie und ihre Zulieferer, der Maschinenbau oder der Handel. Trends wie die Digitalisierung, das Internet der Dinge (IoT), E-Mobility und in der Folge die veränderten Kaufgewohnheiten und Ansprüche der Kunden erzwingen einen tiefgreifenden Strukturwandel, aber viele Unternehmen sonnen sich noch heute in ihren alten Erfolgen und haben es versäumt, sich vorausschauend aufzustellen.
Veränderung: von strategisch bis operativ, von inkrementell bis radikal
Unternehmen überleben Krisenzeiten nur, wenn sie sich konsequent verändern und an neue (Wirtschafts-)Bedingungen anpassen. Die dafür nötigen Veränderungsprozesse können strategischer oder operativer Natur sein und radikal oder inkrementell stattfinden bzw. sich entwickeln: Zwischen diesen vier Polen entsteht ein Spannungsfeld, innerhalb dessen die unterschiedlichen Prozesse und Maßnahmen (wie beispielsweise Remodellierung, klassische Organisationsentwicklung, Konversion, Turnaround oder Sanierung) anzusiedeln sind.
Die Restrukturierung – also die grundlegende betriebswirtschaftliche Umstrukturierung eines Unternehmens, um es wieder zukunftsfähig zu machen – ist in diesem Spannungsfeld eindeutig bei den radikalen Veränderungsmaßnahmen zu verordnen. Und auch wenn sie zu den operativen und nicht zu den strategischen Maßnahmen zählt, werden sich in den Restrukturierungsanstrengungen strategische Überlegungen widerspiegeln.
Steht die Restrukturierung an, wird schnell der Ruf nach geeigneter Unterstützung laut: Wer kann dem Unternehmen helfen, die Restrukturierung schnell und wirkungsvoll durchzuziehen? Um hier eine geeignete Person bzw. ein passendes Team zu finden, ist vor allem eine Frage wichtig zu beantworten: In welcher Phase der Krise befindet sich das Unternehmen? Die Antwort darauf bestimmt, wer gebraucht wird.
Phasen der Krise
Die Krise eines Unternehmens beruht in ihren Anfängen oft auf einer strategischen Fehleinschätzung, die meist schnell zum Verlust von Marktanteilen führt. Die Umsätze gehen zurück, die Erträge ebenfalls. Daraus entwickeln sich Überkapazitäten und Liquiditätsprobleme, die zunächst in eine Überschuldung und schließlich in die Insolvenz führen. Aus einer Strategiekrise wird so eine Erfolgskrise und dann eine Liquiditätskrise.
Viele Unternehmen befinden sich derzeit – bedingt durch die Covid-19-Pandemie – schon in einer Liquiditätskrise. Die Pandemie hat Fehler der Vergangenheit schnell sichtbar gemacht: Die Unternehmen büßen jetzt die Konsequenzen schlechten Managements, versäumter Digitalisierung, politisch motivierter staatlicher Wachstumsprogramme und leicht zugänglicher Finanzierung aufgrund niedriger Zinsen. Die hohe Auslastung der Betriebe in der Zeit vor Covid 19 hat bis zu einem gewissen Grad verhindert, dass sich das Management intensiv mit der Zukunft und der Sicherung der Ertragsströme befasste. Laut des Deloitte European Spring Survey 2019 hatten erst 35 Prozent der Unternehmen konkrete Vorbereitungen für den Fall eines Abschwungs oder einer Rezession getroffen, die jetzt für viele Branchen Realität ist. Höchste Zeit also zu handeln. Dies bedeutet nicht nur, sich mit Kostenreduzierung, Effizienz, Pricing und neuen Geschäftsfeldern zu befassen, sondern auch mit der Frage, wie das Unternehmen finanziell abzusichern ist.
Die Krise wird immer „juristischer“
Was viele Unternehmen nicht realisieren: Je weiter fortgeschritten eine Unternehmenskrise ist, desto „juristischer“ wird sie. Ist es zu Beginn einer bedenklichen Entwicklung – in der Phase der Strategiekrise – noch ausreichend, dass lediglich die Geschäftsleitung involviert wird, ändert sich dies im Verlauf der Erfolgskrise. Spätestens wenn die Erträge zurückgehen, wird es ein Unternehmen mit den Gläubigern zu tun bekommen. Ab dann wird die Krise immer „juristischer“, das heißt: Die Notwendigkeit, juristische Expertise einzubringen, steigt. Hier müssen viel mehr Dinge bedacht werden als zu Beginn der Krise. Dabei geht auch stark um Haftungsfragen, deshalb muss das, was geschieht, juristisch abgesichert sein. Experten, die sich damit auskennen, gibt es nicht mehr wie Sand am Meer. Die Kommunikation mit sämtlichen Beteiligten wie Gläubigern und Banken wird schwieriger und unangenehmer. Es gilt, validierte Zahlen parat zu haben, die hundertprozentig stimmen müssen, denn sie werden auf Herz und Nieren geprüft. Das Unternehmen muss intensiv Rechenschaft ablegen. Es geht um nicht mehr oder weniger als um Glaubwürdigkeit gegenüber den Banken und Gläubigern. Gleichzeitig ist es notwendig, die Produktion des Unternehmens zu stemmen und sämtliche Kosten zu reduzieren.
Wer kann helfen?
Sobald Liquiditätsprobleme aufgetreten sind, noch bevor die Überschuldung eingetreten ist, greift das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG). Es fungiert als eine Art Schutzschild weit vor der eigentlichen Insolvenz und soll die Sanierung von Unternehmen durch verschiedene Maßnahmen erleichtern, unter anderem indem der Zugang der Unternehmen zur Eigenverwaltung vereinfacht wird und die Gläubiger einen stärkeren Einfluss auf die Auswahl des Insolvenzverwalters erhalten.
Dennoch brauchen Unternehmen hier externe Hilfe und Unterstützung. Viele wenden sich in dieser Situation an ein entsprechend auf Restrukturierungen spezialisiertes Beratungsunternehmen. Dieses entsendet üblicherweise ein Team, bestehend aus einem Seniorberater und zwei bis drei Juniorberatern, das schnell 10.000 Euro pro Tag kostet. Das sind immense Kosten, die vor den Gläubigern schwierig zu rechtfertigen sind. Ein gezielt eingesetzter Interim Manager (IM) ist hier die bessere Alternative.
Ein weiterer großer Vorteil eines IM gegenüber einem Beratungsteam besteht darin, dass ein IM in die Organisation geht. Er hat also auch die formale Macht, gewisse Dinge zu entscheiden und umzusetzen. Das unterstreicht den Anspruch, mit dem er antritt – nicht nur zu beraten, sondern auch aktiv etwas zu tun – und macht seinen Einsatz zusätzlich effektiv und effizient.
Es gibt nur einen Versuch
Je nach Phase der Krise, in der ein Unternehmen steckt, braucht es einen anderen Typus IM. Soll er lediglich in einer Strategiekrise helfen, neue Produkte und Services zu entwickeln? Dann wird er definitiv andere Qualifikationen haben, als wenn er im späteren Verlauf der Krise geholt wird und sich um Shopfloor- oder Stakeholder Management kümmert und gleichzeitig juristischen Hintergrund bietet. Für solche Situationen braucht es einen IM, der das alles kann, parallel die Restrukturierung vorantreibt und umsichtig auch mit Banken und Gläubigern kommuniziert.
Wenn wir als Ressourcenmanager für kritische Unternehmensprozesse die Unternehmen mit den passenden Experten zusammenbringen, sehen wir unsere verantwortungsvolle Aufgabe deshalb in folgenden Punkten: Zunächst einmal zu prüfen, wie „juristisch“ die Krisensituation in einem Unternehmen schon ist und entsprechend zu analysieren, welche juristischen Aufgaben und Herausforderungen konkret anstehen. In welchem Stadium befindet sich der Prozess? Woran gilt es zu denken? Und welches Profil muss der IM bieten, damit er für die anstehende Restrukturierung auch wirklich der beste Kandidat ist? Das ist bei einer Restrukturierung absolut entscheidend. Denn eines ist klar: Niemand hat in dieser Situation drei Versuche. Sämtliche Beteiligten können das Unternehmen genau einmal zu retten versuchen. Gelingt dies nicht, bleibt nur noch die Abwicklung.