Großhändler müssen sich als Dienstleister beweisen

Das Geschäftsmodell der Vergangenheit ist obsolet

Exzellente Logistik und ein dynamisches Produktsortiment sind im Jahr 2025 kein Differenzierungsmerkmal mehr, sondern längst Marktstandard. Kundenspezifische Angebote und Lösungen werden über digitale Kanäle vertrieben. Die Kunden erhalten mit Hilfe von Algorithmen und Data Analytics die besten Angebote für ihre Anwendungen zum besten Preis bei sofortiger Lieferung. Der Großhandel bindet seine Kunden in der Zukunft durch einen hohen Integrationsgrad mit reinen und produktbegleitenden Dienstleistungen. Wer jetzt nicht zum Game Changer wird und seine Chancen in der End-to-End-Wertschöpfungskette wahrnimmt, hat verloren.

Service durch die Brille des Kunden betrachten

Für den Kunden ist es nicht von Interesse, wie das Produkt oder der Service letzten Endes heißt. Er hat ein Problem, für das er eine Lösung benötigt. Für Sie als Großhändler bedeutet das, sich in die Lage Ihres Kunden zu versetzen. Fragen Sie nach, hören Sie zu, beobachten Sie und lernen Sie, seinen Alltag zu verstehen. Erst daraus ergeben sich Ansätze für relevante, wertschöpfende Services, die Sie über Ihre Produkte hinaus bieten können.

Leistungsbausteine und Kompetenzen

Der Großhandel hat sich über seine Tradition entwickelt. Leider gibt es keinen Blueprint für das  „gewinnende“ Geschäftsmodell. Das Geschäftsmodell ist abhängig von Branchen und Kundenanforderungen. Darauf basierend hat der Großhandel sich, seine Kompetenzen und Leistungsbausteine in unterschiedlicher Ausprägung entwickelt. Momentan sind vor allem drei Fähigkeiten zu erkennen: Das konventionelle Großhandelsbusiness glänzt durch ein dynamisches Sortiment, hohe Lieferfähigkeit und Schnittstellen zum Kunden. Großhändler, die gleichzeitig als Hersteller tätig sind, produzieren entweder selbstständig oder mit einem Partner. Der dritte Leistungsbaustein der Großhändler übernimmt Dienstleistungen für ihre Kunden, oft im logistischen Bereich.

Künftig werden jedoch vor allem die Großhändler die besten Chancen haben, die sich als Lösungsanbieter positionieren. Damit steht die nächste Dimension der Veränderung bevor: horizontale Integration, also Vernetzung und Integration End to End. Der Großhandel wird eine immer wichtigere Rolle bei der Beratung zur Prozessoptimierung in der Supply Chain übernehmen – diese Fähigkeit muss noch erlernt und entwickelt werden. Sie ist der wichtigste Baustein zur Erbringung künftiger Dienstleistungen.

Neue Geschäftsmodelle  - mehr Economic Value

Der Großhandel positioniert sich heute vorwiegend als Anbieter für hybride Dienstleistungen (Produkte und Dienstleistungen oder Fertigung) und nicht als Lösungsanbieter, der seinen Kunden wirtschaftliche Erfolge „liefert“. Damit gemeint sind schnelle und messbare Ergebnisse in allen Phasen der Wertschöpfungskette.  Das ist ein ganzheitlicher Wertschöpfungsansatz, mit dem wir Economic Value vom Kunden bis zum Großhandel schaffen über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg. Der Großhandel selbst wird von höheren Erträgen und einer stärkeren Kundenbindung profitieren, auf Kundenseite werden Profitabilität, Effizienz und Working Capital gestärkt.

Als Beispiel für eine gelungene Transformation zum Dienstleistungsunternehmen steht die RAW Handel und Beratungs GmbH. Das Unternehmen vertreibt Produkte in den Bereichen Arbeitssicherheit und Umweltschutz und hilft Kunden, den Umgang mit umwelt- und gesundheitsgefährdenden Stoffen umweltfreundlicher, sicherer und rechtskonform zu gestalten. Im Rahmen eines radikalen Perspektivwechsels hat es sich Inhaber und Geschäftsführer Marco Wittstock zum Ziel gesetzt, seinen Kunden, Vertriebspartnern und Herstellern messbaren Nutzen zu stiften. Auf dem Tag des Großhandels im Juni 2018 erläuterte er den Zuhörern, wie man  durch nutzenstiftende Services und Beratung eine vertrauensvolle Kundenbeziehung erreicht, die über den bloßen Handel mit Produkten weit hinausgeht.

Datenkompetenz wird zum Joker

Bevor Sie sich auf den Weg vom Großhändler zum digitalen Dienstleistungsunternehmen machen, sollten elementare Voraussetzungen erfüllt sein. Operational Excellence in allen Bereichen ist die Basis. Wer seine Daten und Prozesse aber schon im Kerngeschäft nicht im Griff hat, kommt auch nicht an die Früchte heran, die etwas höher hängen und daher zu Recht profitabler sind. Datenkompetenz wir essentiell. War der Joker der Vergangenheit die Bevorratung von Produkten, wird es künftig die Fähigkeit sein, Daten zu sammeln, zu analysieren, zu bewerten und für die Generierung neuer Ertragsströme zu nutzen.

Investitionsstrategie muss sich ändern

Darüber hinaus sollten Großhändler jetzt eine Investitionsstrategie im Hinblick auf die Zukunft entwickeln.  Man kann davon ausgehen, dass sie sowohl für den Transformationsprozess als auch für neue Dienstleistungen externe Unterstützung brauchen oder Zukäufe tätigen müssen. Netzwerke mit neuen Partnern müssen aufgebaut und gepflegt werden.

Investitionen in die IT, in Datenkompetenz, aber auch in die Restrukturierung der Organisation (neue Mitarbeiter und die Entwicklung der Kompetenzen), erfordern die Bereitstellung erheblicher finanzieller Mittel. Planen Sie Ihre Investitionen ins Dienstleistungsgeschäft sehr zielgerichtet, denn es handelt sich um ein zentrales Geschäftsfeld. Clustern Sie zum Beispiel in Qualifizierung der Mitarbeiter, Automatisierung oder Kommunikation.

Dienstleistung ist ein separates Business

Dienstleistung ist ein separates Business, das eine entsprechende Kultur und Management

Committment verlangt. Starten Sie mit einer kleinen, unabhängigen Einheit mit Daten- und Start-up-Kompetenz, die für alle Prozesse agile Arbeitsweisen und -instrumente nutzt. Essentiell ist das beim Entwicklungsprozess. Time to Market entscheidet über den Erfolg. Der Kunde wartet nicht zwei Jahre auf ein Produkt. Er will es jetzt.

Folgende Themen müssen adressiert werden, weil sie die Frage nach dem künftigen Geschäftsmodell beantworten:

Dienstleistungskultur: Dienstleistung muss Ihr tägliches Brot werden. Etablieren Sie das Dienstleistungsgeschäft als ein eigenes Geschäftsfeld und machen Sie dessen Nutzen in der GuV sowie über Ihr Controlling-Dashboard sichtbar.

Dienstleistungsportfolio: Leiten Sie aus den Bedarfen Ihrer Kundengruppen nutzerzentrierte Dienstleistungsangebote ab. Differenzieren Sie klar zwischen verrechenbaren und nicht verrechenbaren Dienstleistungen und schenken Sie der Bepreisung hohe Aufmerksamkeit. Der Kunde zahlt nur für eine Dienstleistung, wenn ihr Nutzen messbar und kein Standard ist.

Dienstleistungsorganisation: Sorgen Sie darüber hinaus für klare Verantwortlichkeiten. Beziehen Sie alle Interessengruppen ein, um durchgängige Prozesse sicherzustellen, ohne regionale Besonderheiten zu ignorieren.

Performance-Messung: Messen und visualisieren Sie die Leistungen ihres Dienstleistungsgeschäfts. Analysieren Sie dabei die gesamte Prozesskette. Zeigen Sie dezidiert die Margenpotenziale auf und setzen Sie klare Ziele, die fortlaufend überprüft werden.

Dienstleistungsprozesse: Die Dienstleistungsprozesse sind im Vergleich zu einem Produkt nur schwer nachzuahmen und damit Ihr USP. Führen Sie alle Ihre Dienstleistungen daher in einem System zusammen und setzen Sie auf maximale Effizienz.

Digitale Technologien: Tauschen Sie Ihr altes technologisches Instrumentarium ein gegen moderne Kommunikationstechnologien und -werkzeuge (Tablets), Cloud-Plattformen, Sensorik (Condition Monitoring), Software zur Datenanalyse und Social Media zur Bildung von Dienstleistungscommunities.

Dienstleistung ist People Business: Beginnen Sie schon heute mit der sehr zielgerichteten Qualifikation Ihres Dienstleistungspersonals und der Professionalisierung ihrer künftigen Dienstleistungsorganisation.  Es wird eines Ihrer wichtigsten Assets sein.

Transformation muss organisiert werden

So betrachtet haben Großhändler heute zwei große Handlungsfelder, um ihre Rolle am Markt nachhaltig neu zu definieren. Zum einen müssen Sie Operational Excellence in den Kernprozessen sichern; zum anderen müssen Innovation und Transformationsfähigkeit als selbstverständlicher, hochprofessioneller Bestandteil des Geschäftsmodells gestaltet werden.

Hören Sie sich das Webinar mit Berndtson Interim-Geschäftsführer Sascha Hackstein, Kai Hudetz und Michael Mertens vom IFH Köln an und erfahren Sie mehr:

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Berndtson Interim verfügt über fundierte, langjährige Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Großhandelsunternehmen und hilft ihnen mit gezielten Maßnahmen, ihren Ertrag durch Cost-to-Serve-Initiativen, Pricing, Effizienzsteigerungsprogramme und Wachstumsinitiativen zu steigern.

Die von uns ausgewählten Experten unterstützen zum Beispiel bei der Digitalisierung der Wertschöpfungskette, der Entwicklung und Umsetzung neuer B2B-Geschäftsmodelle, der Steigerung der Operational Excellence sowie der Umsetzung von Omni-Channel-Strategien und Programmen zur Steigerung der Liquidität. Darüber hinaus verfügt unser Expertenteam über tiefgreifende Erfahrung in der Umsetzung von Programmen zur Steigerung des Unternehmenswerts und der Begleitung von Exit-Strategien bzw. Nachfolgeregelungen.

May 15, 2020
Sascha Hackstein
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