Immer wieder flammt die Diskussion über die Möglichkeiten von 5G und sogenannten Campus-Netzen auf. Doch was steckt wirklich dahinter? Warum brauchen Unternehmen 5G? Wie weit ist die Technologie? Lohnt sich ein Investment? Welche Potenziale bietet die 5G-Technologie für Unternehmen, speziell in der Logistik? Ist es jetzt an der Zeit für Investitionen?
Bei betriebskritischen Prozessen sieht Logistikexperte Stefan Pletsch, Mitautor des Whitepapers „Jetzt die Zukunft gestalten. 5G und IoT in der Logistik“, 5G mittelfristig als Ersatz für das bisher gebräuchliche WLAN: „Hier ist WiFi als Technologie ungeeignet, die Anforderungen in den Bereichen Sicherheit, Qualitätsmanagement, Datendurchsatz, IT-Prozesse, Energiemanagement und Mobilität zu erfüllen. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass WiFi auf einem frei zugänglichen Frequenzspektrum arbeitet und jedes beliebige Gerät diese Frequenzen nutzen kann.“ 5G ist bisherigen Technologien voraus, sowohl bezüglich Elastizität, Leistungsfähigkeit, Ausfallsicherheit, Sicherheit und Skalierbarkeit. Zweifellos ein Vorteil, wenn man davon ausgeht, dass in fünf Jahren voraussichtlich mehr als 140 Milliarden IoT-Geräte weltweit aktiv sein werden. Diese Geräte, Sensoren und Chips müssen drahtlos vernetzt und in Lösungen eingebunden werden. Ein zusätzlicher Vorteil, den gerade Unternehmen zu schätzen wissen: Der Verbrauch 5G-fähiger Geräte ist 90 Prozent geringer als der von Geräten in den vorherigen Netzen. Die Geräte und Sensoren sind kleiner und können auch kostengünstiger produziert werden.
Eile mit Weile
Allerdings kann man bisher keinesfalls von Marktreife der 5G-Technologie sprechen. „WiFi wird noch über viele Jahre eine Technologie sein, um die schmalbandigen und betriebsunkritischen Prozesse zu unterstützen“, sagt Pletsch. Eine Gartner-Studie geht beispielsweise davon aus, dass die Telekommunikationsunternehmen ihre Infrastruktur erst zwischen 2025 und 2030 vollständig auf 5G umstellen werden. In Deutschland soll das 5G-Netz voraussichtlich im Jahr 2025 alle Autobahnen, Bundesstraßen und Schienentrassen abdecken – die Grundvoraussetzung etwa für autonomes Fahren und neue Konzepte zur Verkehrslenkung. Ein Aspekt, der besonders für die Logistik relevant ist.
„Das gemächliche Tempo ist für die Unternehmen die Chance, den technologischen Wandel vorzubereiten“, betont Sascha Hackstein, Geschäftsführer von Berndtson Interim. „Statt in einigen Jahren unvorbereitet auf den Zug aufzuspringen, sollten sich Supply-Chain-Verantwortliche jetzt die Zeit nehmen, ihre bestehenden Arbeitsprozesse und die eingesetzten Technologien zu überprüfen.“ In der Konsequenz werde das für viele Logistikunternehmen bedeuten, die Digitalisierung weiter voranzutreiben. „Wer noch immer auf papierbasierte Prozesse setzt, mit isolierten Datensilos und Excel-Tabellen arbeitet, braucht sich über Investitionen in 5G noch keine Gedanken zu machen, sondern muss zunächst die Hausaufgaben erledigen und die eigenen Prozesse auf Vordermann bringen“, sagt Hackstein. „Dabei sollte im Auge behalten werden, dass die Software den reibungslosen Datenaustausch nach dem neuen Standard gewährleistet“ Hackstein empfiehlt: „Bereiten Sie sich jetzt umfassend vor, klären Sie den Investitionsbedarf ab, denn nur wenn die notwendigen Voraussetzungen gegeben sind, sorgt der neue Mobilfunkstandard für echten Mehrwert.“ Pletsch betont: „Eingebunden in ein digitales, unternehmensweites Ökosystem schlägt 5G die Brücke vom Vertrieb, über die ERP-Systeme bis hin zur Verladung – hochstandardisiert und dennoch maximal flexibel.
Schub für eine digitalisierte Logistik
Wenn es denn so weit ist, bietet 5G vielfältige Vorteile. In der Logistik werden hochentwickelte IoT-Tracking-Sensoren den End-to-End-Logistikbetrieb verändern und weitgehend automatisieren. Durch die hohe Energieeffizienz und Geschwindigkeit des 5G-Netzes werden Daten unterschiedlichster Art an allen Punkten einer Lieferkette über lange Zeiträume gesammelt, analysiert und ausgewertet. Geht man hier noch einen Schritt weiter, könnte der Verbraucher zum Beispiel genaue Informationen erhalten, wann und wo ein gekaufter Fisch gefangen wurde, bei welchen Temperaturen er in der Lieferkette gelagert und wann er dem Einzelhändler geliefert wurde. Die Zollabwicklung wird schneller, das Yard-Management besser. Lange Wartezeiten der Lkw-Fahrer bei der Be- und Entladung können vermieden werden.
Darüber hinaus lässt 5G den Traum vom autonom fahrenden Truck wahr werden. Der Lkw-Fahrer wird nach und nach überflüssig, zumindest am Steuer, auch wenn das momentan noch in weiter Ferne scheint. Gesetzliche Ruhezeiten entfallen; die Lkw können länger auf der Straße bleiben. Eine Studie der Beratungsgesellschaft Strategy& geht von einer Kostenreduktion von bis zu 47 Prozent im Straßentransport bis 2030 aus. Auch der Einsatz von fahrerlosen Transportsystemen (FTS) und Automated Guided Vehicles (AGV) in der Intralogistik wird durch 5G neuen Schwung erhalten. Pletsch weist anhand eines Beispiels nach, dass sich Automatisierung fast immer lohnt, wenn in einem Produktionsbetrieb in drei Schichten gearbeitet wird.
Management- und Personalressourcen überprüfen
Leider ist die Logistik keine Branche, die als besonders sexy gilt, weshalb es schwierig werden wird, geeignete Ressourcen für den Wandel zu finden. Weniger als drei Prozent des studentischen Nachwuchses sehen hier ihre Zukunft. Jürgen van Zwoll, Partner bei der weltweit agierenden Personalberatung Odgers Berndtson, zählt deshalb auch den rechtzeitigen Ressourcenaufbau zur Vorbereitung auf 5G. „Das aktuelle Management ist den Herausforderungen nicht immer gewachsen. Einige Manager sind nicht in der Lage, über die bestehende Situation hinauszudenken, ein attraktives Bild der Zukunft zu entwerfen und zu realisieren“, sagt er. „Es reicht nicht mehr aus, die Supply Chain weiter zu optimieren. Es geht letztlich um die weitere digitale Transformation des Unternehmens. Dafür fehlen manchen Führungskräften Erfahrung und Kompetenz. Hier kommt Odgers Berndtson ins Spiel. Wir schauen uns genau an, wo das Unternehmen steht, welche Erwartungen bestehen und auch, ob es eigene Gewächse gibt, deren Entwicklung möglich ist.“
Hackstein betont, dass es bei der Besetzung von C-Level-Positionen nicht nur um fachliche Exzellenz gehe, sondern auch um Persönlichkeit. „Die Vorbereitung technologischer Neuerungen erfordert Kreativität, Denken ‚out of the Box‘, Kommunikationsfähigkeit und nicht zuletzt Unabhängigkeit. Solche Positionen sind nur selten kurzfristig zu besetzen“, sagt er und ergänzt: „Unsere Interim Manager können hier Lücken füllen und schnell zentrale Rollen und Aufgaben übernehmen. Sie zeigen, wie Veränderung gelingt, vermitteln Sicherheit, überzeugen durch Umsetzungskompetenz und liefern mit ihren Teams verlässlich Ergebnisse. Sie können den Boden für den endgültigen Stelleninhaber bereiten.“
Hackstein und van Zwoll sind überzeugt: „ Auch wenn die meisten Logistik-Systeme heute nicht einmal die Vorteile des LTE-Standards ausschöpfen, ist jetzt die Zeit, den Wechsel auf 5G sowohl auf der technologischen, der operativen als auch der HR-Seite in Ruhe vorzubereiten. 5G wird in absehbarer Zeit einen enormen Wandel in der Logistik hervorbringen, dem sich kein Unternehmen wird entziehen können.“
Tipp: Wenn Sie mehr über 5G in der Logistik wissen möchten, finden Sie hier das Whitepaper „Jetzt die Zukunft gestalten. 5G und IoT in der Logistik“ von Stefan Pletsch, i-tec consulting GmbH, und Stefan A. Wimmer, Bayerische Funknetze GmbH.