Handel: Prozesse auf die Customer Journey ausrichten

Verzahnung von analogen und digitalen Kanälen ist unverzichtbar

Der Handel wurde als eine der ersten Branchen von der digitalen Disruption getroffen. B2C- und B2B-Handel suchen seitdem nach einer Lösung, mit der sie sich gegenüber den Online-Giganten behaupten können. Ein Webshop reicht dafür nicht aus.

Experten wie Dr. Kai Hudetz, Geschäftsführer des Kölner Instituts für Handelsforschung, gehen davon aus, dass der analoge Handel allen Unkenrufen zum Trotz nicht verschwinden wird, aber er wird sich verändern müssen. Wichtigste Aufgabe wird es sein, zu verstehen, wie sich das Kundenverhalten durch die Digitalisierung verändert hat. Der Kunde tritt heute über eine wachsende Zahl von Touchpoints mit den Unternehmen in Kontakt. Das liegt laut Dr. Hudetz auch daran, dass zum Online-Shopping immer häufiger das Smartphone verwendet wird. Die moderne Customer Journey wird auf diese Weise sehr komplex. Umso wichtiger ist es, zu verstehen, wie die Customer Journey des Kunden verläuft, an welchen Punkten er mit dem Unternehmen in Kontakt tritt und was er an diesen Punkten tut oder tun möchte und wie es ihm tatsächlich ergeht. Allzu oft kennen die Unternehmen aber die eigene Customer Journey nicht. Nur selten sind digitale Lösungen zur Abbildung der Customer Journey im Einsatz.

Fehlende Außensicht, inadäquate Prozesse

Damit fehlt den Unternehmen die Außensicht, die Sicht des Kunden auf die internen Prozesse. Denn die Sicht des Unternehmens auf die eigenen Prozesse und die Sicht von außen können zwei völlig unterschiedliche Dinge sein. Nur wer die Customer Journey seiner Kunden kennt, kann die internen Prozesse so organisieren, dass sie den Bedürfnissen und Erwartungen der Kunden gerecht werden. Nur mit der Außensicht, der Kundensicht können Unternehmen ihre Operational Excellence weiterentwickeln – ein wichtiges Ziel, um die Customer Journey zu einem besonderen Erlebnis zu machen.

Hudetz empfiehlt als Grundlage für bessere, auf den Kunden ausgerichtete Prozesse das „Customer Journey Mapping“. Mit unterschiedlichen Tools ist es möglich, leicht verständliche Diagramme für verschiedene Kundentypen darzustellen, die Customer Experience zu visualisieren und so die internen Prozesse zu verbessern. Neben den entsprechenden Daten und deren Analyse sollten die eigenen Mitarbeiter über die Erkenntnisse aus der Customer Journey informiert und dafür sensibilisiert werden. Sie müssen wissen, wo sie mit ihrer Arbeit in der Customer Journey stehen. Nicht zu vernachlässigen ist die abteilungsübergreifende Kommunikation, denn der Kunde hält sich nicht an Abteilungs- und Zuständigkeitsgrenzen.

Ohne Cross Channel geht es nicht

Für jeden, der Handel betreibt, ist es wichtig, alle Kanäle zu bedienen, die seine Kunden für Ihre Einkäufe nutzen, aber vor allem, diese Kanäle zu verzahnen. Wie Hudetz sagt: „Konsumenten denken nicht in Kanälen, sondern in Marken.“ Wenn das stationäre und das Online-Geschäft nebeneinanderherlaufen, ohne ineinanderzugreifen, nützt der beste E-Shop nichts. Wer heute im Laden ein Paar Schuhe sieht, die nicht mehr in seiner Größe vorrätig sind, bestellt sie online in der richtigen Größe und möchte sie spätestens am nächsten Tag vor Ort, im Geschäft anprobieren oder zu Hause. Rücksendungen werden nicht mit der Post versandt, sondern der Verbraucher trägt sie ins Geschäft  und anders herum, so, wie es für ihn am bequemsten ist.

Nicht vergessen sollte der analoge Handel seine Stärken: Beratung und Kundennähe sowie Produkte zum Anfassen. Das heißt auch, dass in die Mitarbeiter investiert werden muss, sowohl in Fach- als auch in Sozial- und Kommunikationskompetenz.  Den Menschen im Handel zu vernachlässigen, ist der größte anzunehmende unternehmerische Fehler.

Zusätzliche Services gefragt

Das Einzelhandelsvolumen ist in den vergangenen Jahren relativ konstant geblieben – wir bewegen uns in gesättigten, wenn nicht gar schrumpfenden Märkten. Um notwendige Investitionen zu finanzieren und langfristig die Margen zu erhöhen, muss der Handel zusätzliche Services für seine Kunden entwickeln, allerdings mit einem realen Nutzwert für den Kunden. Inwieweit die Kunden bereit sind, dafür zu zahlen, hängt davon ab, wie sie den Nutzen für sich beurteilen.

Zusätzliche Services können besonders im B2B-Handel ein Argument sein.

Wer seine Kunden im B2B-Geschäft gut versteht, hat echte Chancen, sein Geschäftsfeld zu erweitern,  beispielsweise indem Transaktionsprozesse optimiert, dem Kunden attraktive Kredite oder Zahlungsziele angeboten oder mittels Sensorik automatische Bestellprozesse veranlasst werden. Das Geschäftsmodell Großhandel steht definitiv auf dem Prüfstand. Der „Man in the Middle“ sollte sich um seine Attraktivität für seine Kunden und Lieferanten sorgen.

Berndtson Interim-Experten können beim Aufbau des Online-Geschäfts unterstützen, wenn erforderliche Kompetenzen und Ressourcen fehlen. Darüber hinaus helfen sie bei der Entwicklung und Umsetzung einer digitalen Strategie, die Technologie, Führung und Kultur miteinbezieht.

Sep 2, 2019
Sascha Hackstein
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